Potential. Damit beginnt es. Ein Mensch wird geboren. In eine bestimmte Lebenssituation hinein. Ich spreche davon, dass das seine Grundausstattung ist. Mit und in dieser Grundausstattung wächst der Mensch auf. Den Eltern gebührt aller Dank dafür, dass sie das Leben geschenkt haben. Danach ist in dieser Grundausstattung alles möglich. Der kleine Mensch hat Bedürfnisse. Er lernt sie befriedigt zu bekommen. Dazu entwickelt er einen Überlebensmechanismus. Das ist klug und funktioniert. Der Organismus Mensch ist darauf ausgerichtet zu leben und zu überleben. Jeder von uns hat so einen Mechanismus entwickelt.
Manche Überlebensmechanismen bewerten wir als schlecht, manche finden wir geradezu bewundernswert. Und es sind alles Mechanismen, die dazu dienen sollen, das zu bekommen, was wir brauchen und wünschen: Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Wärme, Liebe.
Wenn der Mensch aus dem Kindalter herauswächst und aus dem Jugendalter herauswächst läuft der Mechanismus immer noch ab. Er läuft unbewusst ab. Als Kind brauchten wir den Mechanismus; wenn wir alleine für uns sorgen können, könnten wir den Mechanismus ablegen. Wir sind uns aber nicht bewusst, dass es diesen Mechanismus gibt.
Mensch sein, bedeutet eine ganze Bandbreite von Gefühlen erleben zu können. Manche Gefühle und Wahrnehmungen mögen wir nicht: Angst, Schmerz, Zorn, Alleinsein, Mißachtung, Ungerechtigkeit, Ohnmacht, Ausgrenzung – die Liste ist lang. Eine Weile lassen sich Gefühle verdrängen. Irgendwann drängen sie nach außen. Auch der Körper zeigt an, wann es zuviel ist. Wenn die Not zu groß wird, macht sich die eine oder der andere dann auf den Weg.
Ich erlebe es so, dass Verletzungen, die wir als Erwachsenen bearbeiten, ursprünglich aus der Kinderzeit stammen. Verletzungen im Erwachsenenleben aktivieren nur wieder den Schmerz von damals. Wer sich traut, schaut sich den Schmerz von damals an, den allerersten. Ist dieser Schmerz, dieses Erleben integriert, werden alle anderen Situationen damit erlöst. Das klingt gut. Das klingt einfach. Und es geht einher mit einer gewissen Heftigkeit. Das Hinschauen und erkennen braucht Mut.
In jeder begleitenden Begegnung entscheidet der Klient unterbewusst, wieviel gewagt werden will.
Ein Begleiter auf diesem Weg ist hilfreich, er ermöglicht Raum und Zeit, das eigene Erleben genauer zu betrachten und sich selbst auf die Spur zu kommen.